Ob Vermögensberater, Versicherungsvermittler, Immobilienmakler oder Rechtsanwalt – wer beruflich berät, vermittelt oder vertritt, trägt Verantwortung. Fehler, Missverständnisse oder bloße Unterstellungen können gravierende finanzielle Folgen haben. Genau hier setzt die Berufshaftpflichtversicherung an: Sie schützt vor den wirtschaftlichen Risiken aus der beruflichen Tätigkeit. Doch was viele unterschätzen: Nicht jede Police deckt automatisch jedes berufliche Risiko ab. Entscheidend ist, was versichert ist – und was nicht.

Ein vertieftes Verständnis der rechtlichen Rahmenbedingungen, der Vertragsstruktur und der Ausschlussklauseln ist daher unerlässlich. Dieser Beitrag bietet einen ersten Überblick über die zentralen Elemente der Berufshaftpflichtversicherung – mit Fokus auf ihre rechtliche Verankerung, ihre vertragliche Ausgestaltung und die typischen Risiken im Berufsalltag.

Was darf versichert werden?

Der erste Schritt zum richtigen Versicherungsschutz ist die genaue Bestimmung der beruflichen Tätigkeit. Denn der Versicherer kann nur das absichern, was rechtlich erlaubt ist. Das jeweilige Berufs- und Standesrecht regelt, welche Tätigkeiten im jeweiligen Beruf zulässig sind – und damit auch versicherbar.

So dürfen gewerbliche Vermögensberater (§136a GewO 1994) Vermögenssicherung und Finanzierungen begleiten, aber keine Anlageberatung zu Finanzinstrumenten leisten. Versicherungsvermittler (§137 GewO 1994) dürfen zu Versicherungsverträgen beraten, vermitteln und verwalten. Immobilientreuhänder (§117 GewO 1994) haben weitreichende Aufgaben bei der Vermittlung, Verwaltung und Verwertung von Immobilien – mit klar definierten Grenzen.

Rechtsanwälte (§8 RAO) wiederum sind zur umfassenden berufsmäßigen Parteienvertretung befugt – vor allen Gerichten und Behörden. Dieser besonders weite Handlungsspielraum führt zu entsprechend komplexen Risiken, die eine detaillierte Risikobeschreibung im Versicherungsvertrag erforderlich machen. Jede Tätigkeit, die außerhalb der gesetzlich erlaubten Grenzen liegt oder unklar formuliert ist, kann im Schadensfall zum Ausschluss der Deckung führen.

Rechte, Pflichten und Ausschlüsse im Versicherungsvertragsgesetz (VersVG)

Die rechtliche Grundlage der Berufshaftpflichtversicherung in Österreich ist im Versicherungsvertragsgesetz (VersVG) geregelt. Es definiert nicht nur, wann Versicherungsschutz besteht, sondern auch, unter welchen Bedingungen dieser verweigert werden kann.

Ein zentraler Punkt ist § 149 VersVG, der regelt, dass der Versicherer für jene Leistungen einstehen muss, die der Versicherungsnehmer auf Grund seiner Verantwortlichkeit gegenüber einem Dritten zu erbringen hat. Gleichzeitig legt § 150 fest, dass auch die Kosten der Verteidigung – selbst bei unbegründeten Vorwürfen – vom Versicherer übernommen werden können.

Von besonderer praktischer Bedeutung ist jedoch § 152 VersVG: Vorsätzlich verursachte Schäden sind ausdrücklich vom Versicherungsschutz ausgenommen. Dieser Risikoausschluss ist kein „technischer“ Verstoß gegen Obliegenheiten, sondern Ausdruck eines grundsätzlichen Leistungsverbots für bewusst pflichtwidriges Verhalten. Juristisch spricht man hier vom subjektiven Risikoausschluss.

Risikoausschluss und Obliegenheit: Zwei Konzepte, ein Unterschied

In der Vertragspraxis muss unterschieden werden zwischen Risikoausschlüssen und Obliegenheiten:

  • Risikoausschlüsse beschreiben Situationen oder Verhaltensweisen, die von vornherein nicht versichert sind. Dazu zählt etwa die wissentliche Pflichtverletzung oder die vorsätzliche Abweichung von gesetzlichen Vorgaben. Diese Ausschlüsse greifen automatisch – unabhängig vom Verhalten nach Eintritt des Versicherungsfalles.
  • Obliegenheiten hingegen sind Verhaltensanforderungen, die an den Versicherungsnehmer gestellt werden – etwa die unverzügliche Schadensmeldung, die wahrheitsgemäße Beantwortung von Risikofragen oder die Schadenminderungspflicht. Werden diese verletzt, kann der Versicherer leistungsfrei sein – muss dies aber beweisen.

Besonders kritisch wird es, wenn sogenannte „verhüllte Obliegenheiten“ vorliegen – also Verhaltenspflichten, die als Risikoausschluss formuliert wurden. Die Rechtsprechung verlangt dann eine inhaltliche Auslegung: Es kommt auf die Wirkung der Klausel an, nicht auf ihren Wortlaut. In diesen Fällen kann der Versicherungsnehmer unter Umständen dennoch Deckung erhalten – sofern er beweist, dass sein Verhalten nicht kausal für den Schaden war.

Worauf es beim Abschluss ankommt?

Eine Berufshaftpflichtversicherung entfaltet ihren Schutz nur dann, wenn der Vertrag rechtswirksam und auf den konkreten Tätigkeitsbereich abgestimmt abgeschlossen wurde. Bereits im Antrag muss die Tätigkeit korrekt und umfassend beschrieben sein – einschließlich aller Beratungs-, Vermittlungs- oder Verwaltungskomponenten. Eine später festgestellte Lücke in der Risikobeschreibung kann im Ernstfall zur Leistungsfreiheit des Versicherers führen.

Ein besonderer Punkt ist die Billigungsklausel nach §5 VersVG: Weicht der Versicherungsschein vom Antrag ab und wird vom Versicherungsnehmern nicht innerhalb eines Monats widersprochen, gilt der Vertrag in der abgeänderten Form als genehmigt – sofern der Versicherer den Versicherungsnehmer klar darauf hingewiesen hat.

Zusätzlich ist bei einem Versichererwechsel (Umdeckung) große Vorsicht geboten: Bestehende Deckungen können durch neue Verträge ungewollt entfallen. Die Einbeziehung einer Besserstellungsklausel kann hier helfen, etwaige vorteilhaftere Bedingungen des Vorvertrags aufrechtzuerhalten – allerdings nur, wenn der Versicherungsnehmer diese aktiv verlangt und nachweist.

Typische Haftungsszenarien

Die Berufshaftpflichtversicherung entscheidet in vielen Fällen über die wirtschaftliche Existenz der versicherten Personen. Beispiele aus der Praxis zeigen, wie schnell ein Deckungsausfall eintreten kann:

  • Ein Vermögensberater vermittelt ein riskantes Beteiligungsmodell, das er nicht verstanden hat – die Deckung wird vom Versicherer wegen wissentlicher Pflichtverletzung verweigert.
  • Ein Immobilienmakler verkauft eine Wohnung mit einem nicht genehmigten Um-/Zubau – der Rückbau führt zu einem erheblichen Schadenersatzanspruch gegen den Immobilienmakler.
  • Ein Rechtsanwalt versäumt die Prüfung eines möglichen Verjährungseinwands – der daraus resultierende Schaden ist versichert, sofern keine grobe Pflichtwidrigkeit nachgewiesen werden kann.

Die Höhe der Prämien und Deckungssummen variiert je nach Berufsgruppe, Risikoprofil und gewähltem Produkt. Entscheidend ist aber immer: Der beste Vertrag hilft nicht, wenn Inhalt, Tätigkeit und Verhalten nicht zusammenpassen.

Versicherungsschutz ist kein Zufall

Die Berufshaftpflichtversicherung schützt nicht nur vor realen Fehlern, sondern auch vor bloßen Unterstellungen. Doch dieser Schutz ist kein Automatismus – er hängt von rechtlicher Präzision, vertraglicher Klarheit und professionellem Verhalten ab. Nur wer die rechtlichen Grundlagen kennt, die Vertragsmechanismen versteht und die Grenzen der Deckung erkennt, kann sich im Schadensfall auf seine Versicherung verlassen.

Die Frage sollte also nie nur lauten: „Bin ich versichert?“, sondern vielmehr: Ist das, was ich konkret tue, in der Form und unter den Bedingungen tatsächlich gedeckt?“

Wiener Neustadt, 10.09.2025

Bildnachweis: envato

  • Foto:

    Nicht alles ist versicherbar

    Typische Ausschlüsse im österreichischen Versicherungsrecht

    Mehr erfahren
  • Foto:

    Fit für die Zukunft

    KI im Finanz- und Versicherungs-vertrieb. Neue Webinar-Reihe im Herbst 2025 für Fach- und Führungskräfte.

    Mehr erfahren
  • Foto:

    Prinzipsache: Wann leistet der Versicherer?

    Worauf ist beim Versicherungsfallprinzip zu achten?

    Mehr erfahren
  • Foto: Ein Geschäftsmann im Anzug mit aufgespanntem Regenschirm mit Schriftzug "Deckungserweiterung" darauf.

    Pflicht verletzt – Schutz verloren?

    Abgrenzung der wissentlichen Pflichtverletzung in der Berufshaftpflicht

    Mehr erfahren
  • Anfrage