Als Finanzdienstleister gehört es zum Tagesgeschäft, mit gewissen Produktgebern zusammen zu arbeiten, um deren Produkte und Leistungen an die eigene Kundschaft zu vermitteln. Im Laufe der Zeit hat sich ein regelrechter „Dschungel“ an Anbietern entwickelt, wo es teils schwierig ist, einen objektiven Überblick zu behalten.

Die Qual der Wahl

Um aus der Menge herauszustechen, gibt es unter den Produktgebern teils einen rigorosen Konkurrenzkampf: schließlich möchte sich jeder als bevorzugter Partner bei den Vermittlern positionieren. Diese dynamische Entwicklung führt aber auch dazu, dass manche Anbieter im Laufe der Zeit ihre Versprechen nicht halten konnten und folglich vom Markt „verschwunden“ sind – mitsamt den veranlagten Kundengeldern.

Solche Fälle können für die Vermittler höchst unangenehm werden, denn diese sind in erster Linie der Hauptansprechpartner der Kunden.

Um diese Situationen (und damit einhergehend einen Vertrauensverlust oder mögliche Schadenersatzansprüche) bestmöglich zu vermeiden, sollten bei der Produktgeberauswahl grundlegende Kriterien immer im Hinterkopf behalten werden!

Drei Kriterien für die Produktgeberauswahl

  • Bedenken Sie stets, dass Ihnen Ihre Kunden mit der Beauftragung, für diese Finanzdienstleistungen durchzuführen, ein hohes Maß an Vertrauen in die Hände legen. Dieses Vertrauen sollten Sie als Vermittler auch zu Ihren Produktgebern besitzen, um guten Gewissens deren Produkte zu vertreiben.
  • Auch wenn der Begriff des Vertrauens sehr subjektiv ist, gibt es bestimmte Faktoren, die eine gewisse Skepsis Ihrerseits hervorrufen können. Beispielsweise wenn sich der Produktgeber weigert, mündlich zugesagte Dinge schriftlich zu bestätigen. Oder wenn dieser bei Rückfragen schwer oder gar nicht erreichbar ist, auf spätere Zeitpunkte vertröstet oder kritische Anfragen gleich zur Gänze ignoriert.
  • In unsicheren Fällen sollte man sich stets die Frage stellen: Warum agiert der Produktgeber so und was könnte dessen Intention sein? Gleichzeitig steht aber auch die Frage im Raum, ob ein Geschäftspartner, der so handelt, überhaupt als seriös betrachtet werden kann und ob – bzw. wie Sie – diese Vorgehensweise gegenüber Ihren Kunden rechtfertigen können.
  • Die sogenannte „eierlegende Wollmilchsau“ und das „Träumen von warmen Eislutschern“ – vermutlich kennt jeder eine dieser Redewendungen, die in gewissem Ausmaß auch auf (gescheiterte) Finanzkonstrukte umgelegt werden können. In der Vergangenheit gab es mehrfach Fälle, bei denen seitens der Produktgeber eine überdurchschnittlich hohe Rendite versprochen wurde, mit einem Ausfallsrisiko von nahezu null und selbstverständlich in Kombination mit einer besonders hohen Vermittlungsprovision. Klingt zu schön, um wahr zu sein? Das ist es meistens auch.
  • Sollten Sie jemals in den „Genuss“ geraten, auf einen (neuen) Produktgeber zu treffen, der Ihnen reißerisch das Blaue vom Himmel verspricht, dann fragen Sie sich am besten rein objektiv: Wie ist das langfristig möglich, wie kann der Produktgeber dessen Kosten decken und vor allem, wie sieht es mit der Haftung aus?
  • In diesem Zusammenhang sind besonders die Begriffe langfristig in Kombination mit Haftung essenziell. Schließlich sind die meisten Investmentprodukte für einen längeren Zeitraum bestimmt, woraus sich auch ein entsprechend langer Haftungszeitraum für den Vermittler ergibt. Erfahrungsgemäß treten die meisten Unregelmäßigkeiten bekanntlich nicht kurz nach der Vermittlung auf, sondern wenn die versprochenen Zahlungen seitens des Produktgebers an die Kundschaft nicht eingehalten werden.
  • „Darf ich dieses Produkt überhaupt vermitteln?“ – eine Frage, die man sich am ersten Blick eventuell nicht zu stellen wagt, aber oberste Priorität besitzt. Auch wenn Ihnen seitens des Produktgebers (vor allem mündlich) versichert wird, dass alles seine rechtliche Erlaubtheit besitzt, sollten Sie dies kritisch und vor allem unabhängig hinterfragen. In diesem Zusammenhang ist es wichtig, dass Sie den Aufbau des zu vermittelnden Produktes auch wirklich verstehen. Auch wenn dies „selbstverständlich“ klingen mag, ist es dies oft nicht.
  • Ein einfaches Beispiel: Ein schuldrechtlicher Anspruch auf die Herausgabe eines Goldanteiles von einem Gesamtdepot ist keine direkte Investition in physisches, dem Kunden zugeteiltes Gold – auch wenn vom Produktgeber damit geworben wird, dass die Kunden ihr eigenes Golddepot aufbauen. Werden solche „Details“ nicht transparent und verständlich kommuniziert, kann es leicht dazu führen, dass eine ganz andere Art von Investment vermittelt wird, zu deren Vertrieb man gewerberechtlich eventuell gar nicht befugt ist. Auch der Trick, nur als „Tippgeber“ tätig zu werden, zieht in einem solchen Fall meist nicht.
  • Ganz nach dem Prinzip „es gibt keine dummen Fragen, nur dumme Antworten“ sollten Sie somit alle möglichen Unklarheiten schriftlich erfragen und die Antworten kritisch überprüfen, um nicht Gefahr zu laufen, Ihren Kunden ein Produkt zu vermitteln, welches so gar nicht gewünscht ist. Hier kommen auch die beiden zuvor genannten Aspekte der Vertrauenswürdigkeit und der Plausibilität ins Spiel: Denn im Schadenfall (= Schadenersatzanspruch des Kunden gegen Sie als Vermittler) erhalten Sie meist keine Unterstützung des entsprechenden Produktgebers mehr. Auch wenn Ihnen dies mündlich versprochen wurde.

Fazit

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich die Auswahl des passenden Produktgebers als gar nicht so einfach herausstellt. Neben den kundenspezifischen Faktoren, die immer im Einzelfall betrachtet werden müssen, gibt es unzählige Faktoren, welche die Auswahl beeinflussen und von jedem Vermittler wohl anders gewichtet werden. Wir raten, in jedem Fall die drei oben erläuterten Aspekte Vertrauenswürdigkeit, Plausibilität und Erlaubtheit des Vermittlungsgeschäftes sollten jedoch immer im Hinterkopf behalten werden, da diese besonders in einem Haftungsfall von hoher Wichtigkeit sein können. 

Wiener Neustadt, am 08.11.2023

Bildnachweis: © jcomp / Freepik

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