Vermittler und Berater gelten als Experten, sie genießen das Vertrauen ihrer Kunden und werden daher häufig um Rat gefragt. Doch wohlmeinende Tipps und Empfehlungen können unerwartete Konsequenzen haben und zu einem Haftungsfall für den Tippgeber führen.

Am Markt ist immer öfter zu sehen, dass Vermittler als Tippgeber Produkte außerhalb der bestehenden Regularien (Gewerbeordnung, Wertpapieraufsichtsgesetz usw.) empfehlen. Die vermittelten Produkte sind vielfältig und reichen von „Investments“ in Nachrangdarlehen bis hin zu „Kryptowährungen“ und Finanzinstrumenten (wie z. B. Anleihen).

Wie kommt es dazu? Oftmals wird den Beratern/Vermittlern vom Produktgeber ein Link „zum Weiterleiten“ zur Verfügung gestellt, dieser ist auf den vermeintlichen Tippgeber personalisiert, sodass dieser ein Tippgeberhonorar bekommt, wenn ein Investor über diesen Link in das dahinterliegende Produkt investiert. Es kommt auch vor, dass Tippgeber Informationen zum Produkt übermitteln oder auch Fragen dazu beauskunften.

Was ist der Umfang der Tippgebertätigkeit?

Dem Informationsschreiben des Fachverbandes Finanzdienstleister (WKO) ist dazu zu entnehmen:

„[…] Die Haupttätigkeit ist entweder, Termine zu vereinbaren oder dem Unternehmen Kontaktdaten mit der Erlaubnis zur Kontaktaufnahme zu übermitteln. Dazu ist es möglich, über den Anbieter zu diskutieren oder dessen Vorteile positiv darzustellen.

Der Geschäftsvermittler ist lediglich zur Feststellung des Interesses am Vertragsabschluss und zur Bekanntgabe von Namen und Kontaktdaten des Interessenten an den Vertragspartner z. B. Gewerblichen Vermögensberater, Wertpapierunternehmen, Kreditinstitut (ausschließlich Sammlung von Kontaktdaten, keine weiteren Informationen) befugt.

Diese Tätigkeiten umfassen keine Wertpapierdienstleistungen (Beratung und Annahme und Weiterleitung von Finanzinstrumenten) oder sonstige an ein reglementiertes Gewerbe gebundene Tätigkeiten (Beratung und/oder Vermittlung von Versicherungen, Veranlagungen, Finanzierungen). Nicht erlaubt ist die konkrete Vorbereitungshandlung eines Eignungstestes oder Angemessenheitstestes nach dem WAG 2018 durch Sammlung der hierfür notwendigen Informationen über die finanziellen Verhältnisse.

Folgende Finanzdienstleistungstätigkeiten sind daher insbesondere nicht erlaubt (demonstrative Liste):

  • Jegliche Tätigkeiten, die reglementierten oder konzessionierten Unternehmen vorbehalten sind (siehe weiter unten).
  • Vorbereitungstätigkeiten zur Kreditvermittlung (siehe weiter unten).
  • Die Annahme von Aufträgen über Produkte und Dienstleistungen.
  • Die Empfehlung von Produkten und Dienstleistungen.
  • Die fachliche Diskussion über Produkte und Dienstleistungen.
  • Die Überprüfung der bestehenden Produkte und Dienstleistungen der Kunden.
  • Der Vergleich verschiedener Produkte/Konditionen. […]“

Was passiert, wenn ein Tippgeber nicht mehr als Tippgeber gilt, sondern als Berater/Vermittler?

Abgesehen davon, dass die Einhaltung der für Berater/Vermittler geltenden Berufsvorschriften (GewO 1994, WAG 2018 usw.) vermutlich nicht eingehalten wurden, da „nur ein Tipp gegeben wurde“ und kein Beratungsprozess durchgeführt wurde, führt die Nichteinhaltung dazu, dass der Tippgeber vermutlich außerhalb der rechtlichen Schranken tätig wurde (der Volksmund kennt dies unter dem Begriff „Pfuscher“) und daher kein Versicherungsschutz aus der Berufshaftpflichtversicherung vorliegt.

Ist dies der Fall, muss der Tippgeber etwaige Schadenersatzforderungen aus der eigenen Tasche bezahlen, da dieser als Tippgeber aufgetreten ist, und nicht als Berater/Vermittler unter Einhaltung aller standesrechtlichen Vorgaben. All dies, nur um ein Honorar zu bekommen, ohne den üblichen Beratungsprozess (Beratung, Dokumentation usw.) einzuhalten?

Die Produktgeber gewinnen (immer), da diese deren Produkt verkaufen, und wenn sich herausstellt, dass der Tippgeber keiner ist, sondern ein Berater/Vermittler, dann haftet dieser für Fehlberatungen. Und all dies für „ein paar Euro Provision“? Die aktuelle Lage ist nicht einfach, umso verständlicher, dass neue Einkommensmöglichkeiten willkommen sind, jedoch bitte nicht zum Vorteil von Produktgebern, der den erfolgreichen Verkauf seines Produktes verbucht, während die Berater/Vermittler zur Kasse gebeten werden. So passiert zum Beispiel bei AMIS, Meinl European Land, Gold Professionell, PIM-Gold usw. Was wurde da alles von den Produktgebern erzählt? Bezahlt haben am Ende die Berater/Vermittler, da diese dann vor Gericht standen und eine (Mit)Haftung zu verantworten hatten.

Ein Rechenbeispiel

Rechnen Sie gerne nach und stellen Sie sich die Frage, ob es sich wirklich lohnt, jedes Geschäft um jeden Preis zu machen. Wie hoch ist die Provision und was kostet ein Prozess, den die Tippgeber im Anlassfall aus der eigenen Tasche bezahlen dürfen? Wir wollen dies anhand eines Investmentbeispiels in der Höhe von 6.000 Euro veranschaulichen – wird der Prozess verloren, so kommen zur Schadenersatzforderung die gesetzlichen Zinsen von 4 % pro Jahr hinzu sowie die Verfahrenskosten der ersten (und eventuell zweiten) Instanz von ca. 8.000 bis 12.000, in Summe sind dies ca. 19.000 Euro – und all das für „ein paar Euro Tippgeberprovision“?

Was wird der Investor machen, wenn das Investment schiefgegangen und der Produktgeber nicht mehr greifbar ist?

Richtig, er wird den Tippgeber klagen, denn dieser hat ihn auf das Investment aufmerksam gemacht und nicht ordnungsgemäß beraten, so wie er dies von einem Vermögensberater/Versicherungsvermittler in anderen Fällen gewohnt war. Ohne den Berater/Vermittler hätte der Investor von dem Produkt nie erfahren. Dies kann dazu führen, dass „Tippgeber“ ihre Existenz verlieren und das alles wegen „ein paar Euro Tippgeberhonorar“?

7 Tipps für mögliche Tippgeber:

  • Fragen Sie beim Produktgeber, der Ihnen die Tippgebertätigkeit anbietet, nach, warum Sie hier als Tippgeber tätig werden sollen und ob im Haftungsfall dieser die Haftung für den Tippgeber übernimmt?
  • Fragen Sie auch nach, warum dieser nicht selbst Kunden akquiriert bzw. wenn er dies online tut, warum er dann noch Tippgeber für den Vertrieb einsetzt?
  • Beachten Sie auch, dass wenn der Produktgeber insolvent wird, Sie immer noch ein Restrisiko haben und zur Haftung herangezogen werden können.
  • Wenn Ihnen ein Produktgeber etwas mündlich zusagt, dann verlangen Sie dies auch schriftlich.
  • Macht der Produktgeber dies nicht, dann fragen Sie (sich), warum diese mündlichen Auskünfte nicht auch schriftlich erteilt?
  • Sollten Ihnen Zweifel aufkommen und diese nicht geklärt werden können, dann lassen Sie die Finger von diesem Produkt.
  • Wenn Sie nicht wissen, ob Sie ein Produkt beraten/vermitteln oder als „Tippgeber empfehlen“ dürfen, fragen Sie bei Ihrer gesetzlichen Interessenvertretung nach.

Zum Abschluss empfehlen wir Ihnen folgende Informationen:

Wiener Neustadt, 22.05.2024

Bild: Drazen Zigic / Freepik, 22.05.2024

René Hompasz

Höher Insurance Services GmbH
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